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Nachruf Zum Tod von Hanns-Peter Wagner
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von Dr. Thomas Goppel MdL Staatsminister a.D.
Sauerlach-Arget, 5. September 2018
„Zu den Dingen, die im Lebensalltag ständig wiederkehren, gehört das Abschiednehmen. Längst müssten wir daran gewöhnt sein. Tag für Tag ist es aber genau das Gegenteil: menschliche Charaktere pur. Das Loslassen schaffen wir ständig - in Gedanken. Wenn es tatsächlich ansteht, sind wir blockiert und gelähmt. Als besonders schlimm erweist sich das, wenn ein Abschied für immer angesagt ist.
HANNS PETER WAGNER, den wir heute sein letztes Wegstück lang begleiten, steht mustergültig für solches Empfinden. Seine Ideen und Vorschläge, seine Pläne, ausgeheckt mit Rudi Kraus, der ihn, wenn unser Glaube sich bewahrheitet, in den ewigen Sphären erwartet hat, seine Kommentare zum sozialen Tagesgeschehen, sie waren sämtlich selbstverständlicher Bestandteil vor allem unserer Rentendebatten. Wenn er, wenn Du, lieber Hanns Peter, hinter eine Aussage ein Fragezeichen setztest, dann musste der Autor mit Engelsgeduld und -zähnen daran arbeiten, Deine Bedenken auszuräumen. Meist endete solcher Schlagabtausch mit dessen Einlenken.
Hanns Peter hatte weiter gedacht, war schon am besseren Ziel, dort, wo wir ihn heute angekommen hoffen, ja wissen. Wenn einer zuhören, vor-, mit- und nachdenken mochte, überlegen half und Meister im Lösungzimmern war, dann Du. Besonnenheit bleibt Dein Markenzeichen auch in Zukunft, wenn wir jetzt manchmal an Ahnungen und Vermutungen hängen zu bleiben gezwungen sein werden.
Dass Deine Hartnäckigkeit in der Sache der Liebenswürdigkeit im Ton nie im Weg stand, Deine Forderung nach Präzision in der Formulierung manchen Disput auslöste, der unserer Haltung zu mehr Rückgrat auch in der öffentlichen Diskussion verhalf, beschreibt die Lücke, die wir jetzt zu spüren kriegen, schon vor ihrem Eintritt.
Wie kein anderer in unseren Seniorenkreisen wurdest Du zum Vorbild, als es in den letzten Jahren darum ging, Deine Engagementbereitschaft für unsere SEN mit der Rücksichtnahme auf Deine schwere Krankheit zu koppeln. Du weißt, dass wir Dich dafür alle bewundern und Deiner Frau und Familie Dank zollen, dass Sie Dich machen ließen, weil sie mit uns wussten, dass wir Wagners Wort- und Textgewalt brauchen.
Wir alle nehmen Abschied von Dir und wissen, dass wir es auf Zeit tun. Schon jetzt haben wir aber wie in den letzten Jahren bei unseren Beratungen, die Du nicht immer besuchen konntest, Zeitlang nach Dir, Zeitlang, diesem wunderbaren Wort der bayerischen Sprache, das der Sehnsucht nach einem Menschen Luft lässt über den Abschiedstag hinaus. Und - auch, wenn es als Widerspruch empfunden wird - gerade wir Ergrauten brauchen viel davon.
Wir sagen ADIEU und wähnen Dich allesamt dort, wo wir hinwollen. Erneut macht freistaatlicher Sprachgebrauch etwas mehr aus diesem Entsenderuf: Sei angekommen im Himmel! Wir rufen dem Verstorbenen nach: LEBE WOHL! Sei befreit von den Alltagssorgen und -schmerzen, von der irdischen Nörgelei an der Unvollkommenheit unserer Suche nach Wahrheit. Genieße die Rast der Ewigkeit und denk dran, dass wir, die bleiben, nachkommen, Zeitlang haben auch dann, wenn wir nicht wissen, wie lange noch. Wir halten mit den Deinen aus, versprechen, gute und, wo nötig, hilfreiche Nachbarn zu sein so, wie Du es für uns Jahr für Jahr und Stunde für Stunde warst.
Hermann Hesse tröstet uns in seinem Verseblock STUFEN alle, wenn er uns an die Startstunde unseres Lebens und jeden gelebten Augenblick erinnert:
- und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
- der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. Und er weiß Wegweisendes an gleicher Stelle, zum Ende seiner weisen Waisensicht:
- Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
- uns neuen Räumen jung entgegen senden,
- des Lebens Ruf an uns wird niemals enden!
- Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Lieber Hanns Peter: Adieu und Auf Wiedersehen!